Die Körpersubstanzen der chinesischen Medizin kann man als ein Modell verstehen, mit dessen Hilfe man sowohl den Aufbau des Körpers, als auch die Funktionen im Körper beschreiben und verstehen kann.
Es gibt immaterielle Substanzen wie z.B. Qi (Energie) oder sehr stoffliche Substanzen, wie z.B. die Jin Ye (Körperflüssigkeiten). Die Substanzen sind voneinander abhängig und beeinflussen stark die Funktion und die Störungen, die beim Menschen auftreten können.
Gesundheit und Krankheit werden aus Sicht der chinesischen Medizin durch die Qualität und die Interaktion dieser Körpersubstanzen beeinflußt.
Qi kann man als „Kraft“ oder „Energie“ verstehen. Diese Energie ist im Universum überall vorhanden. Sie ist in den Kräften der Natur zu beobachten.
Die Elemente Feuer, Erde, Wasser und Luft zum Beispiel bewegen sich Ihrem natürlichen Wesen folgend. Diese Bewegungen sind Manifestationen des Qi. Qi kann sich organisieren und bringt dann die verschiedenen Erscheinungen wie unbelebte Dinge, Pflanzen, Tiere und Menschen hervor. Diese Erscheinungen werden durch die Kraft des Qi zusammengehalten und zerfallen wieder, wenn das Qi sie verläßt. In diesem Sinne könnte man Qi als die Kraft übersetzen, die die Dinge zusammenhält.
Ein junger und gesunder Mensch hat für gewöhnlich viel Qi. Das bedeutet, er hat viel Energie, um sich zu bewegen, die Abwehrkraft gegen Infektionen ist gut und auch psychisch ist der Mensch vital und guter Dinge. Die Kontrolle des Qi ermöglicht es dem Menschen, Ordnung zu erschaffen. Wenn also unser junger Mensch sein Qi kontrolliert und nutzt, um fleißig zu arbeiten, kann er Ziele erreichen und Dinge (er)schaffen. Wenn der Mensch dann älter wird und das Qi ihn verläßt, wird dieses sichtbar. Der Körper wird faltig und schwach, die täglichen Aufgaben fallen schwerer und schwerer, die Abwehrkraft sinkt und schließlich kann der Mensch die Energien, die in Form von inneren oder äußeren krankmachenden Faktoren auf ihn einwirken, nicht mehr abwehren und er stirbt. Das Qi hat ihn dann ganz verlassen und der Körper löst sich auf.
Am Beispiel des Blutes, kann man gut nachvollziehen, daß in der chinesischen Medizin mehr und weniger materielle Aspekte unter einem Begriff zusammengefaßt werden.
In der modernen Medizin ist Blut eine aus Blutzellen und Blutplasma bestehende Substanz, die im Körper zirkuliert und als Transportmedium dient. In der chinesischen Medizin beschreibt der Begriff Blut einerseit den vorhandenen Mineral- und Vitalstoffgehalt im Körper, andererseits aber auch die viel komplexer materiell aufgebaute Blutsubstanz wie sie auch in der modernen Medizin verstanden wird. Wenn ein Mensch „chinesisch gesehen“ unter Blutmangel leidet, bedeutet das in einem frühen Stadium der Erkrankung, daß es einen Mangel an Mineral- und Vitalstoffen gibt, die normale Blutuntersuchung ist weiterhin unauffällig. Erst in späteren Stadien manifestiert sich dann auch ein auf körperlicher Ebene meßbarer Blutmangel im modernen Sinne, mit einer im Labor nachweisbaren Verminderung von Blutzellen. Natürlich könnte man den Vitalstoffmangel auch schon vorher mit den heute üblichen Methoden feststellen, im „normalen“ Blutbild vom Hausarzt zeigt sich jedoch im frühen Stadium noch keine deutliche Veränderung.
In der chinesischen Medizin dagegen kann man durch Beobachtung, Befragung und Untersuchung leicht den Mangelzustand erkennen. Qi und Blut sind eng miteinander verbunden. Bei einem Blutmangel wird auch das Qi des Menschen schwach sein, da die Produktion von Qi direkt an das Vorhandensein von Blut gekoppelt ist. Menschen mit einem Mineral- und Vitalstoffmangel und natürlich auch später die mit einer manifesten Blutarmut sind daher häufig schwach und müde.
Der Begriff „Jing“ beschreibt im chinesischen die angeborene „Reserve“ des Menschen. Man könnte es als die Kapazität des Körpers zur Regeneration und Erneuerung verstehen.
Es gibt in der modernen Wissenschaft die Erkenntnis, daß sich mit jeder Zellteilung, die Telomere (Teile des menschlichen Erbutes /DNA) verkürzen. Wenn die Telomere eine bestimmte Länge unterschritten haben, kann sich die Zelle nicht mehr teilen und stirbt. In diesem Fall wäre, chinesisch gesehen, das Jing aufgebraucht. Man könnte also sagen, das Jing ist eine Art Reserve oder Regenerationskapazität des Körpers. Wenn z.B. ein Mensch bestimmte Teile seines Körpers übermäßig beansprucht (z.B. Fliesenleger beim Arbeiten auf den Knien), dann werden sich die Zellen in diesem Bereich des Körpers schneller erneuern (und dazu teilen) müssen, da sie dauernd kaputtgehen. Wenn dann irgendwann die Kapazität der Zellen, sich zu teilen aufgebraucht ist, ist die Kompensationsfähigkeit des Körpers erschöpft und dieser zuviel beanspruchte Körperteil kann sich nicht mehr regenerieren. Degenerative Veränderungen sind die Folge.
Das Jing kann nicht erneuert werden, einzig durch eine gesunde Art zu leben, kann man den Jing Verlust bremsen. Um das Jing zu schonen, empfiehlt die chinesische Medizin daher eine maßvolle und streßfreie Lebensweise. Übermäßige Belastungen schädigen das Jing und sind aus der Sicht der TCM nicht zu empfehlen.
Unter Yang versteht die chinesische Medizin das Prinzip von Aktivität, Dynamik, Licht und Wärme. In Bezug auf den Körper versteht man das Yang unter anderem zum Beispiel die Fähigkeit, Wärme zu erzeugen.
Wenn genug Wärme erzeugt wird, werden die Flüssigkeiten im Körper in den richtigen Bahnen bewegt, der Körper fühlt sich warm an und der Mensch ist relativ unempfindlich gegen Kälte. Unter dem modernen wissenschaftlichen Blickwinkel ist das Yang des Körper eng mit den Nebennierenrinden, wo die aktivierenden Hormone gebildet werden und mit der Aktivität des sympatischen Nervensystems verwandt. Die sympathische Nervenaktivität und die ausgeschütteten Hormone sorgen für einen erhöhten Stoffwechsel, der normalerweise mit Aktivität und Wärmebildung einhergeht. Der erhöhte Stoffwechsel sorgt auch dafür, daß die Flüssigkeiten im Körper bewegt werden.
Yin ist der Gegenpol zu Yang und beschreibt die Aspekte von Ruhe, Inaktivität, Dunkelheit, und Kälte.
Das Yin ist die Basis des Yang, so wie bei einer Kerze, wo das Wachs (Yin) die Flamme (Yang) nährt. In Bezug auf den Körper werden in der chinesischen Medizin stoffliche Substanzen wie Blut und Flüssigkeiten, der Vital- und Mineralstoffgehalt es Körpers, aber auch nicht materielle Aspekte wie verringerte nervliche Aktivität und daraus folgend, Ruhe und Entspannung, dem Yin Aspekt zugeordnet. Modern wissenschaftlich könnte man diese Yin Aspekte des Körpers als die parasympathische Aktivität im Nervensystem und alle davon abhängigen Prozesse beschreiben. So werden z.B. die Verdauungsfunktion, der Schlaf, die psychische Ausgeglichenheit, die Befeuchtung der Schleimhäute und der Haut stark vom Yin beeinflußt.
Der Begriff Jin Ye steht für die Körperflüssigkeiten und ist, wie auch das Blut, ein Teilaspekt des Yin.
Die Theorie der chinesischen Medizin beschreibt die Körperflüssigkeiten als den Teil Teil des Körpers, der im Körper zirkuliert und diesen befeuchtet. Aus moderner Sicht würde hierzu z.B. der Plasmaanteil des Blutes sowie der Feuchtigkeitsgehalt des Körpers, der Haut und der Schleimhäute gehören.
Im modernen wissenschaftlichen Verständnis beschreiben wir verschiedene Gewebearten oder Teile des Menschen, wie z.B. Knochen, Nerven, Blut, Haut, Organe usw. Diese Teile wirken zusammen und ermöglichen so die Funktion des Menschen.
Die moderne Sichtweise ist hierbei in verschiedene Fachgebiete aufgeteilt. Materielle Aspekte wie oben genannt und weniger materielle Aspekte des menschlichen Wesens, wie z.B. Gefühle, Gedanken usw. werden in verschiedenen Fächern wie Anatomie und Psychologie beschrieben. Die Physiologie ist ein Fachbereich, der funktionelle Prozesse beschreibt. Hier finden wir im modernen Verständnis also eine Trennung verschiedener Anteile des menschlichen Wesens in unterschiedliche Fächer oder wissenschaftliche Teilgebiete.
Diese Trennung gibt es so in der chinesischen Medizin so nicht. In der TCM werden Körpersubstanzen beschrieben ohne, daß man diese verschiedenen Fachgebieten zuordnen könnte. In der Traditionellen Chinesischen Medizin sind materiell-physische, funktionell-vegetative und immateriell-psychische Prozesse miteinander verbunden und beeinflussen sich in alle Richtungen gegenseitig.
Daraus resultiert ein ganzheitliches Verständnis der sowohl der physischen als auch der psychischen Vorgänge und somit auch ein ganzheitlicher Ansatz bezüglich der therapeutischen Maßnahmen.